Monday, 16 March 2015

Unser Zwischenseminar und einige Probleme, die geklärt werden sollen

Tänzer am Unabhängigkeitstag
Marschieren zu Ehren des ersten ghanaischen
Präsidenten
Es gibt wieder so viel zu berichten, weil einfach unglaublich viel in den vergangenen Tagen passiert ist. Am 4. März sind Anna-Lena und ich nämlich mit Rucksack nach Tumu aufgebrochen, um drei Tage später das Zwischenseminar mit unserer Entsendeorganisation an zu treten. Da es keine öffentlichen Verkehrsmittel wie Trotros von Gwollu nach Tumu gibt, wurden wir von unseren Freunden per Motorrad gefahren, was sich als gar nicht so leicht herausstellte, wenn man eine schlechte, sandige Straße im rasendem Tempo befährt und einen großen Rucksack auf dem Rücken hat. Ist aber alles machbar und so sind wir staunend im Hotel angelangt. Dieses war richtig groß, mit sauberen Räumen, Ventilatoren, Schrank, Stuhl und sogar fließend Wasser hatten wir. Die Übernachtung genossen wir also sehr und erhielten am späten Abend noch Besuch von Ben, der ebenfalls in Tumu schlief und uns am nächsten Morgen um 4:30 Uhr zu unserem Metrobus brachte. Die Fahrt nach Bolgatanga, die Hauptstadt der Upper East Region, nahm etwa 5 Stunden in Anspruch, obwohl es nur etwa 120 Kilometer sind. Man kann sich also die Straßenverhältnisse vorstellen. Auch das Gästehaus in Bolga war wunderschön und für uns ein Luxus. Am selben Tag traf noch Henri aus Jirapa dazu.
Straßenbild in Bolgatanga

Der Grund, dass wir drei schon früher die Reise in die Upper East Region angetreten haben, war der Independence Day(6.3.) – der wichtigste Feiertag Ghanas. Er dient zur guten und stolzen Erinnerung an Ghanas Unabhängigkeit von den Engländern im Jahre 1957. Vormittags treffen sich im gesamten Land das Militär, Polizei, Feuerwehr, Schulen etc. auf einem großen Platz im eigenen Distrikt und marschieren zur Würdigung des Unabhängigkeitstages. Deshalb schreien auch alle Schüler jeden Tag Parolen und marschieren vor dem Unterricht. Als wir in Bolga in die Stadt kamen, um uns die Feierlichkeiten anzuschauen, bekamen wir sofort Plätze in der Nähe der Ministern und Präsidenten zu gewiesen (wahrscheinlich weil wir Weiße sind) und konnten so hervorragend alles beobachten. Insgesamt vier Stunden wurden von unterschiedlichsten Politikern aus Ghana, Burkina Faso und Togo Reden gehalten, von der Marschkapelle musiziert und marschiert. Es war ein super Erlebnis und echt berauschend diese Dynamik der Marschierenden anzuschauen. Hinterher ging es erstmals auf eine große Shoppingtour auf den Märkten, wo es viele Lederartikel, geflochtene Körbe und andere selbstgemachte Dinge gab. Auch ein Café mit echtem Bohnenkaffe haben wir ausfindig gemacht – bestimmt das einzige in ganz Ghana.
Naja und am Folgetag trafen wir dann nach langem Suchen die anderen Freiwilligen und fuhren in einem gemieteten Auto zusammen in den außerhalb gelegenen Ort Tongo.  Auch hier war die Unterkunft super, das Essen perfekt und die Seminarzeit genießbar. Ganz  besonders hat mich auch die Anreise der beiden Freiwilligen aus Burkina Faso gefreut, wo es natürlich viel auszutauschen gab. Aber natürlich hatten wir auch Zeit unsere Herausforderungen und Probleme zu schildern, um auf Lösungswege zu kommen. Denn, auch wenn ich die Zeit in Gwollu sehr genieße, gibt es doch Dinge, die mir das Leben hier unnötig schwer machen (oder hoffentlich machten).
Unsere Seminarsunterkunft, bzw. das Dach davon

Die Probleme an dem Zeitpunkt an, als unser Dada im November aus Togo heimkehrte und wir die  hierarchische Familienordnung kennenlernten. Wir kommunizierten kaum mit Dada, wussten nicht wie wir uns verhalten sollten, weil jedes Mal in einem Gespräch für uns respektlose Worte an den Kopf geworfen wurden und schlimmer endete als es schon angefangen hatte. Und so entwickelte sich eine immer  schlechter werdende Beziehung zu unserem Gastvater. Uns wurde zum Beispiel sehr hart vorgeworfen, dass wir ihn während eines Gespräches in die Augen schauen würden. Erst später hat er uns mitgeteilt, dass man im Sissala Land Respektpersonen nicht lange angucken darf, da wir sie sonst schlimm beleidigen würden. So entstanden viele, viele Missverständnisse – ich hatte das Gefühl, er würde uns nicht respektieren, achten und versuchen zu verstehen, während wir ihn aufgrund einer anderen Kultur durchgehend beleidigten. Schwierigkeiten in der Kommunikation innerhalb der Familie scheinen in Ghana häufig vorzukommen, weil nur der „Landlord“(so wird der Besitzer des Hauses bzw. das
DIe Hütte, in der Anna-Lena, ich und
Suzanne schliefen
Familienoberhaupt genannt) das Recht hat, alles zu erfahren und alleine alle Entscheidungen trifft. Vor ein paar Wochen machte unser Gastvater uns dann klar, dass er  uns nicht mehr unterstützen wird. Diese Worte trafen mich sehr und, da ich so wie so schon unglaublich eingeschüchtert war, versuchte ich ihm aus dem Weg zu gehen und mich mit Anna-Lena alleine auf unser Projekt zu konzentrieren. Weil wir keine Ansprechperson vor Ort haben, können wir diese Dinge leider nur unter uns selber versuchen zu verstehen, was mich belastete. Zum Beispiel, dass sogar unsere Gastgeschwister schon am frühen Morgen mit einem Gürtel so hart geschlagen werden, sodass wir davon aufwachen und nichts dagegen tun können, zerreißt mich manchmal. Traurigerweise ist es in Ghana alles andere als eine Seltenheit, dass Kinder mit Schlägen zur Disziplin erzogen werden und auch in den Schulen zählt es zur Tagesordnung, obwohl es ein schriftliches Gesetz dagegen geben soll. Und trotzdem fühlt es sich schrecklich an, diese Situationen in der eigenen Gastfamilie zu erleben, die ja sogar eine Pastorenfamilie ist.
Eine weitere Herausforderung ist das Essen, weil an einigen Tagen einfach nichts im Haus ist und wir schon oft keine Mahlzeit bekamen. Dieses Problem liegt einerseits an der großen Wasserknappheit in Gwollu. Die Pumpen in der Umgebung sind kaputt, alle Brunnen ausgetrocknet und die einzige Wasserquelle ist oft der kleine Teich, wo unsere lieben Krokodile hausen. Leider wird dieses Wasser zum Waschen und Kochen verwendet und verursacht uns Bauchprobleme. Aber mit etwas Herausforderungen in einer völlig anderen Kultur habe ich natürlich vor meiner langen Reise schon gerechnet.
Traditionelle Tänze in einer Kirche der Upper East Region

Zum Glück aber hatten wir ja das Seminar, auf dem ich alle meine Sorgen erzählen konnte. Ich glaube, die genaue Situation, in der ich mich gefühlsmäßig befinde, wurde nicht ganz verstanden, aber das ist in Ordnung. Denn mit der Hilfe von Sarah und Becky fand dann hinterher ein langes Gespräch mit der Entsendeorganisation, Partnerorganisation, unserer Gastfamilie und uns statt. Nun haben wir einige Missverständnisse klären können, wissen besser wie wir uns verhalten müssen und haben strenge Regeln bekommen. Aber natürlich versuche ich mein Bestes, bin motiviert und hoffe, dass sich das Verhältnis und so das Zusammenleben deutlich verbessert!


Blick von den "Singenden Felsen Tongos"